Wie sie mehr Freundlichkeit in die Welt bringen und dabei selbst glücklicher werden
28. Februar 2021Wie Sie gute Gewohnheiten dauerhaft beibehalten
30. Juni 2021Versuchen Sie schon länger, eine neue gute Gewohnheit aufzubauen, und es will nicht so richtig gelingen?
Werfen wir zunächst mal einen Blick darauf, warum die Entwicklung von Gewohnheiten erstrebenswert erscheint:
Gewohnheiten entwickeln sich über Versuch und Irrtum: Wenn ich auf eine neue Situation treffe, entscheidet sich mein Gehirn für eine Reaktion, wenn diese belohnt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung. Gewohnheiten können daher auch bezeichnet werden als eine Reihe von automatischen Lösungen für Probleme und Belastungen, denen ich regelmäßig ausgesetzt bin.
Der Vorteil von Gewohnheiten ist, dass sie eine geringere Gehirnaktivität erfordern als neue Lösungen. Sie setzen damit geistige Kapazitäten frei, die für anderes (Wichtiges, Neues) genutzt werden können.
Gewohnheiten laufen automatisiert ab. Ich benötige für ihre Ausführung so gut wie keine Willenskraft oder bewusste Entscheidung mehr.
Und doch fällt uns der Aufbau neuer Gewohnheiten oft schwer.
Wie so viele Menschen habe ich mich während der Lockdowns auch mit mir selbst, meinen Gewohnheiten und von mir erwünschten Veränderungen beschäftigt. Dabei stieß ich auf das Prinzip der „Mini-Gewohnheiten“. Mir hat das sehr geholfen, ein paar Gewohnheiten aufzubauen, bei denen mir das zuvor jahrelang nicht recht gelingen wollte.
Was sind Mini-Gewohnheiten?
Warum kleine Gewohnheiten große Wirkungen zeigen
Für den Aufbau neuer Gewohnheiten ist es sinnvoll, ein paar „Regeln“ zu beachten. Eine dieser Regeln lautet: „Die Gewohnheit muss einfach sein.“ Genau darum geht es bei den Mini-Gewohnheiten (tiny habits).
Je weniger Energie ich für eine neue Gewohnheit brauche, desto wahrscheinlicher setze ich sie um. Wir wollen nicht die Gewohnheit / das Verhalten, sondern das Ergebnis. An manchen Tagen sind wir hoch motiviert, an anderen gar nicht. Der Trick besteht daher darin, eine Gewohnheit zu bilden, die so lächerlich einfach ist, dass wir sie auch an unmotivierten Tagen ausführen. Ziel ist es, zunächst einmal eine regelmäßige Ausübung zu etablieren. Die einzelne Einheit ist dabei zunächst so lächerlich klein, dass mein Schweinehund (bei mir ist es ein Schweineelefant…) keine Chance hat. Es geht ums Aufraffen, darum, anfangs konsequent etwas Einfaches tun, anstatt sofort nach Perfektion zu streben.
Eins meiner Beispiele ist die sportliche Betätigung. Vor dem ersten Lockdown habe ich wöchentlich an zwei Sportkursen teilgenommen. Mein Vorsatz war, entsprechend zu Hause Sport zu treiben, die Termine waren ja quasi geblockt. Geplant war es also, mich zweimal wöchentlich jeweils 45- 60 min sportlich zu betätigen. Anfangs klappte es noch einigermaßen. Bald wurde mein Schweineelefant wach und es lief folgendermaßen ab: Dienstags rief er mir zu „Die Woche ist ja noch lang…“, donnerstags warf er ein „Das wird eng“, freitags tat er kund „Das wird eh nichts mehr, kannst Du gleich lassen.“ So schleppte sich Woche um Woche ohne Sport dahin. Dann entdeckte ich die Mini-Gewohnheiten. Seit fünf Monaten treibe ich nun täglich Sport – für (mindestens) 5 Minuten. Ich habe bisher nur zwei Tage ausgelassen, als mich die Impf-Nebenwirkung ausgeknockt hat. Bei fünf Minuten hat mein Schweineelefant keine Chance. Egal, wie spät ich nach Hause komme oder wie müde ich bin, fünf Minuten sind immer drin. Und in den meisten Wochen schaffe ich drei längere Einheiten à mindestens 20 Minuten. Damit bin ich noch keine Leistungssportlerin, aber ich treibe deutlich mehr Sport als vor der Entdeckung der tiny habits.
Was „erschwerend“ hinzukommt: Ich bin stolz auf mich. Endlich habe ich eine Sport-Gewohnheit aufgebaut, was mir lange Zeit (zumindest für die Phasen ohne Sportkurse) nicht gelingen wollte. Vorher hatte ich jede Woche, in der ich nicht aktiv war, ein schlechtes Gewissen.
Um neue Gewohnheiten aufzubauen, die uns schwer fallen, ist es also sinnvoll, mit lächerlich kleinen Einheiten anzufangen und zunächst an der Regelmäßigkeit zu arbeiten, damit ein Automatismus entsteht. Dann können die Einheiten schrittweise intensiviert oder verlängert werden.
Wie Sie sich den Anfang zusätzlich vereinfachen
Eine weitere Regel für den Aufbau neuer Gewohnheiten lautet: „Die Gewohnheit muss offensichtlich sein.“ Das bedeutet, dass ein offensichtlicher Auslösereiz dabei hilft, die Gewohnheit aufzubauen. Dieser kann z.B. darin bestehen, dass ich morgens die Joggingschuhe in den Flur lege, damit ich beim Nachhausekommen darüber stolpere. Das erinnert mich dann an meine neue geplante Gewohnheit: „Nach dem Nachhausekommen jogge ich (5 Minuten lang).“ Oder ich stelle eine Schale mit Rohkost auf den Schreibtisch, wenn die neue Gewohnheit lauten soll, täglich Gemüse zu essen. Solche offensichtlichen Auslösereize machen es dem Schweinehund schwerer, ich benötige weniger Motivation oder Willenskraft, das Verhalten auszuüben.
Anne Thorndike, eine Allgemeinmedizinerin in einem Krankenhaus in Boston, zeigte, dass es möglich ist, die Ernährungsgewohnheiten von Besuchern und Beschäftigten zu verbessern, ohne deren Motivation zu verändern, sie sprach nicht einmal mit ihnen. Stattdessen wurden in der Cafeteria an deutlich mehr Stellen Körbe und Kühlschränke mit Wasserflaschen aufgestellt, Softdrinks gab es nur noch in den Hauptkühlschränken, Wasser an allen Getränkestellen. In den darauffolgenden drei Monaten sanken die Softdrink-Verkäufe um 11,4%, der Umsatz mit Wasserflaschen stieg um 25,8%.
Hilfreich ist es auch, die neue Gewohnheit an eine gut etablierte dran zu hängen. Dafür kann es sinnvoll sein, zunächst die gut etablierten Gewohnheiten aufzulisten, um einen geeigneten Anker zu finden. Zu diesen Gewohnheiten gehören z.B. Zähneputzen, Duschen, Anziehen, das Haus verlassen, um zur Arbeit zu gehen etc. Ich kann auch Ereignisse als Anker nutzen, die mit der erwünschten Regelmäßigkeit quasi von alleine eintreten. Dann bilde ich einen Vorsatz nach dem Schema: „Wenn Situation X (gerne Zeit und Ort) eintritt, führe ich Reaktion Y aus.“ Der Vorteil ist, dass ich in der entsprechenden Situation keine Entscheidung mehr zu treffen brauche, sondern „einfach“ handle. Dieses Prinzip habe ich für mehr Bewegung im Büro genutzt. Meine neue Gewohnheit lautet: „Nach jedem Anruf, den ich erhalte, führe ich eine kurze Bewegungseinheit durch.“
Mir haben bereits diese beiden Regeln „Die Gewohnheit muss einfach sein“ und „Die Gewohnheit muss offensichtlich sein“ sehr geholfen, erwünschte Gewohnheiten aufzubauen und zu etablieren. Im nächsten Blog-Artikel schreibe ich über weitere Hilfestellungen.